Reformation in Rheinland-Pfalz

0.Der Pfälzische Ritteraufstand von 1522/23

0.1.Voraussetzungen

Der Pfälzische Ritteraufstand, mitunter auch Ritterkrieg genannt, war das erste geschlossen-militärische Vorgehen einer homogenen sozialen Gruppe gegen die Unterdrückung der reformatorischen Strömung. Ähnlich des einige Jahre später stattgefundenen, deutlich bedeutenderen und folgenreicheren Bauernkrieges, setzte sich hier ein geschlossener sozialer Verbund in einem Bündnis zur Wehr.

Die Reichsritterschaft hatte seit dem Spätmittelater mit einem politischen und militärischen Bedeutungsverlust zu kämpfen: Die Umwälzungen in Wirtschaft und Technik am Übergang zur frühen Neuzeit sowie das Aufstreben von Städten und Bürgertum verdrängte die Niederadligen aus ihrer Rolle. Die veraltete Form der Naturalienabgaben, die Zentralisierung der Landesherrschaften an die Höfe (keine Gerichtseinnahmen mehr für die Ritter) sowie Veränderung im Militärwesen (Söldnerheere) und Verweigerung des Fehderechts für Ritter, stellte die materielle Existenz der meister Ritterfamilien auf wackeligen Boden.

Diese Vorzeichen müssen berücksichtigt werden, will man den Pfälzischen Ritteraufstand der Jahre 1522/23 verstehen. Wie in vielen anderen Fällen muss hier zwischen Motivation aufgrund religiöser Überzeugung und realpolitischen Zielen, wie Bereicherung und Machtzuwachs, unterschieden bzw. das Geflecht aus beidem erkannt werden.

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0.2.Ulrich von Hutten und Franz von Sickingen als Leitfiguren des Aufstandes

Im August 1522 versammelten sich 600 Ritter in der Stadt Landau, um eine ‚brüderliche Vereinigung‘ zu begründen und mithilfe dieser dem Reichsrittertum seine verlorengegangene politische Macht zurückzuholen. Einer der Initiatoren war Franz von Sickingen, der unter dem reformatorischen Einfluss seines Vertrauten Ulrich von Hutten stand. Die beiden hatten sich auf einem Feldzug gegen Herzog Ulrich von Württemberg 1519 kennengelernt, bei einem Aufenthalt auf Sickingens Ebernburg machte von Hutten von Sickingen mit Luthers Werken und Gedankengut vertraut. Neben des bereits erwähnten Verlustes sozialer und militärischer Bedeutung sorgte Ulrich von Hutten mit seiner pamphletischen Kritik an der Kirche und seiner Forderung eines 'Pfaffenkriegs' für eine Einstimmung der Reichsritter auf eine Fehde im Geiste der reformatorischen Sache. Man darf den Reichsrittern theologisch-moralische Beweggründe nicht völlig absprechen, weiß man doch von Franz von Sickingen, dass er ein ehrliches, tiefes Interesse an der lutherischen Konfession hatte - wohl aber gab die Aussicht auf neue Besitztümer und Ländereien durch enteignetes Kirchengut den Ausschlag.

Die Fehde richtete sich auf das Erzbistum Trier und sollte nach dem Willen Sickingens die Initialzündung für ein reichsritterliches Aufbegehren im ganzen Land sein. Jedoch konnte er nur regionale Ritterfamilien für seine Sache gewinnen, das militärische Vorgehen und die Anzahl der Gefolgsleute blieb begrenzt.

In Anbetracht der Tatsache, dass der Trierer Erzbischof Richard von Greiffenklau zu Vollrad bald den Pfalzgrafen Ludwig V. sowie Landgraf Philipp von Hessen in einem Bündnis für seine Sache gewinnen konnte, machte das Unternehmen von Beginn an zu einem Wagnis. Bereits im September 1522 scheiterte der Eroberungsversuch in Trier und der Rückzug der Ritter begann. Das Fürstenbündnis war über die konfessionellen Brücken geschlagen worden und machte damit deutlich, dass hier auch um eine grundsätzliche Auseinandersetzung hinsichtlich des Verhältnisses von Reichsritterschaft und Landesfürsten gefochten wurde. Am 7. Mai 1523 kam Franz von Sickingen beim Kampf um seine Burg Nanstein ums Leben; im Juni musste auch die besetzte Ebernburg aufgegeben werden, die der Pfalzgraf als Lehnsherr des Sickingers noch im selben Monat schleifen und einäschern ließ.

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Bearbeiterin: Katharina Üçgül
Verwendete Literatur:

Erstellt am: 26.11.2013

 
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