Reformation in Rheinland-Pfalz

Der Reichstag zu Speyer 1526

Ratshof zu Speyer

Die Versammlung tagte von Juni bis August 1526 in der Stadt Speyer und stand nicht allein unter dem Eindruck der Reformation: Es sollte dringend das Problem der Türkengefahr in Ungarn und das militärische Vorgehen diskutiert werden. Nach dem Wormser Edikt von 1521 wollten die lutherischen Kräfte auf dem Reichstag jedoch zuerst die reformationsrelevanten Themen geklärt wissen.

Der Reichstag blieb nicht unbeeindruckt von den Wirren des Bauernkrieges und befasste sich ausführlich mit den 12 Punkten, die die Bauernschaft als Forderungskatalog 1525 dem Schwäbischen Bund präsentiert hatten.

König Ferdinand von Böhmen führte in Vertretung seines Bruders, Kaiser Karls V., den Vorsitz über den Reichstag. Der strenggläubige Katholik und entschiedene Gegner der Reformation hatte von seinem Bruder die Anweisung erhalten, die strengen Vorgaben des Wormser Edikts - Ächtung Martin Luthers und Verbot der Lektüre sowie Verbreitung seiner Schriften - zu lockern: die Entscheidung über die Einhaltung des Edikt sollte jeder Landesfürst bzw. die Reichsstände nach eigenem Gewissen treffen bzw. auslegen. Diese Entscheidung kam einem Toleranzbeschluss gleich und verhalf der reformatorischen Durchdringung des Reiches zu neuer Kraft.
Dieser Kompromiss mag erstauen, hatten sich doch in den Jahren nach dem Wormser Edikt durch die Bildung von katholischen und protestantischen Bündnissen die Fronten zwischen den Reichsständen verfestigt. Doch auch Kaiser Karl V. sowie sein Bruder König Ferdinand von Böhmen waren bereits an anderen Fronten gefordert: der Kaiser stand mit Frankreich im Krieg und mit dem Papst in Konflikt, das Reich war zu dieser Zeit für ihn nur ein politischer Nebenschauplatz. Sein Bruder dagegen war an der Ostflanke des Reiches gebunden: Er kämpfte um die ungarische Krone und musste sich der ständig wachsenden Bedrohung durch die Türken erwehren. Dies minderte die Kraft und das Interesse für die Austragung der bis dato lediglich reichsinternen Konflikte.

Ursprünglich hatte sich der Kaiser ein Anknüpfen an die klare, harte Vorgehensweise von Worms 1521 gewünscht, realpolitische Umstände forderten jedoch ihren Tribut und ließen diesen ersten 'Waffenstillstand' zwischen katholischem und lutherischem Lager vorerst zu.

Letztendlich manifestierte der Reichsabschied vom vom 27. August 1526 die Aufhebung des Wormser Edikts. Ausschlaggebend war  § 4 des Abschieds, der den Fürsten und Reichsständen zugestand ‚für sich also zu leben, zu regieren und zu halten, wie ein jeder solches gegen Gott, und Käyserl. Majestät hoffet und vertraut zu verantworten'. Das Entscheidungsrecht in Glaubensfragen wurde faktisch auf die einzelnen Reichsstände verlagert und sollte bis zur neuen Einberufung eines Reichstages bestehen bleiben.

Auch die weiteren Beschlüsse des Reichstags waren entscheidend für die Zukunft der Stadt: so wurde die Verlegung des Reichsregiments und des Reichskammergerichts nach Speyer beschlossen.

 

Verfasserin: Katharina Ücgül

Literatur:

  • Ammerich, Hans: Kleine Geschichte der Stadt Speyer, Stuttgart 2008.
  • Schorn-Schütte, Luise: Die Reformation. Vorgeschichte-Verlauf-Wirkung, München 2006.
  • Zeitbilder aus der Geschichte der protestantischen Kirchen in der Pfalz von der Reformation bis in die Gegenwart, Speyer 1990.

Erstellt: 25.11.2013

 
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